Ein Bild wie ein Versprechen: Der leuchtende Brunnen mit Fontäne, die erhellte Treppe und das im Glanz strahlende Schloss Sanssouci – Sinnbild für den Beginn eines steilen Aufstiegs und den wirtschaftlichen Wachstumspfad Brandenburgs.
(Potsdamer Schlössernacht „Schloss Sanssouci“ 2025 | Foto Huppertz)
(MH) Potsdam. Drei Jahrzehnte nach seiner Neugründung ist Brandenburg wirtschaftlich an der Spitze der ostdeutschen Bundesländer angekommen. Das zeigt eine neue Studie der Schweizer Prognos AG, die am Freitag in Potsdam vorgestellt wurde. Demnach hat kein anderes Land im Osten seit 1990 eine ähnlich starke Entwicklung bei Produktivität, Wirtschaftskraft und Arbeitsmarkt erlebt.
„Brandenburg hat nach einem schwierigen Start mit dem Zusammenbruch der alten Märkte und hoher Arbeitslosigkeit eine beachtliche wirtschaftliche Performance absolviert“, sagte Prognos-Direktor Olaf Arndt. „Heute sprechen wir von der Chanceninsel Brandenburg in Ostdeutschland.“
Stabilität nach dem Umbruch
Die Grundlage für den Aufstieg wurde in den frühen Jahren gelegt. Unter Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) setzte Brandenburg auf politische Stabilität, enge Kontakte nach Bonn und gezielte Ansiedlungsförderung. Sein Nachfolger Matthias Platzeck (SPD) orientierte das Land stärker auf erneuerbare Energien und die Hauptstadtregion. Mit dem Prinzip „Stärken stärken“ entstand eine Clusterpolitik, die Energie, Luftfahrt und Medien als Wachstumskerne profilierte.
Wachstum durch Förderung und Energiewende
Nach Angaben der Studie profitiert Brandenburg bis heute von dieser Linie. Subventionen, EU-Strukturmittel und gezielte Förderprogramme hätten den Ausbau von Forschung, Infrastruktur und erneuerbaren Energien ermöglicht. Besonders stark sei die Industrie gewachsen, die von einem Produktivitätsschub getragen werde. Brandenburg ist inzwischen das produktivste ostdeutsche Bundesland und erreicht westdeutsches Niveau.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach in Potsdam von einer „beachtlichen Leistung“ seit 1990. „Damals hätte uns wohl kaum jemand zugetraut, heute in vielen Bereichen an der Spitze der neuen Länder zu stehen“, sagte er.
Offene Aufgaben
Die Prognos-Analyse verweist zugleich auf Schwachstellen. So gibt es in keinem anderen Bundesland weniger junge Erwachsene. Mit dem Ausscheiden der Boomer-Generation drohe ein Engpass. Auch die Digitalisierung sei bislang schwach ausgeprägt, die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte müsse ausgebaut werden.
Politischer Kontext
Der wirtschaftliche Aufstieg wäre ohne staatliche Förderung kaum denkbar gewesen – etwa durch Subventionen für erneuerbare Energien oder Investitionshilfen. In der politischen Landschaft ist dieser Kurs umstritten: Parteien wie die AfD lehnen den Ausbau der erneuerbaren Energien ab und kritisieren Förderpolitik als „Subventionswirtschaft“. Fachleute wie Arndt halten dagegen, dass Brandenburg gerade dadurch seine Position als Industriestandort habe stärken können.
Und hier liegt eine Lehre für die Landespolitik: Diese wirtschaftlichen Ergebnisse könnten auch politisch gegen die AfD wirken – wenn sie besser aufbereitet und offensiver kommuniziert würden. Denn das muss man der AfD lassen: Sie ist professionell organisiert, nutzt moderne Kampagnenmechanismen und investiert erheblich in Kommunikation. Wer dagegenhalten will, braucht mehr als Zahlen in Studien – sondern eine klare, verständliche Erzählung für die Menschen.
Fazit der Studie
Brandenburg habe sich „von der Kohleregion zu einer der führenden Regionen bei erneuerbaren Energien entwickelt“, betonte WFBB-Geschäftsführer Sebastian Saule. Die gute Verfügbarkeit grüner Energie sei heute ein entscheidender Standortvorteil, etwa für Unternehmen, die CO₂-neutral produzieren wollen. Perspektiven gebe es zudem im Bereich Wasserstoff.
Blick nach vorn: Chancen im BRICS-Kontext
Die Studie blickt auf die vergangenen 35 Jahre zurück – doch die künftigen Wachstumschancen liegen auch in den internationalen Verflechtungen. Sollte sich Brandenburg stärker in Richtung der BRICS-Staaten orientieren, könnten sich neue Märkte eröffnen. Während die klassische Schwerindustrie dort weniger Anknüpfungspunkte bietet, könnten gerade Medizintechnik, Luftfahrt und erneuerbare Energien aus Brandenburg Interesse wecken.
Brandenburg verfügt mit seinen Clustern über Kompetenzen, die weltweit gefragt sind: CO₂-neutrale Produktion, Technologien für Wasserstoff, moderne Flugzeugteile und mediale Kreativwirtschaft. Länder wie Indien, Brasilien oder Südafrika investieren massiv in Gesundheitssysteme, Energieinfrastruktur und Mobilität. Für Unternehmen aus Brandenburg könnte hier ein zusätzlicher Absatzmarkt entstehen – jenseits der klassischen Exportziele in der EU oder den USA.
Ob das Land diesen Schritt wagt, hängt nicht nur von der Wirtschaft, sondern auch von der politischen Balance ab. Eine stärkere Öffnung in Richtung BRICS müsste mit der europäischen Strategie abgestimmt werden – ein Balanceakt zwischen neuen Chancen und geopolitischen Risiken.
Brandenburgs Erfolgsgeschichte ist damit nicht nur ein Lichtblick. Vielmehr zeigt sie, dass hier Zukunft entsteht.
Michael Huppertz, ZINA24.de












